Schuhplattlergeschichte
Der Schuhplattler soll auf der Jungsteinzeit (etwa 3000 vor Christus) zurückgehen (Trevor
Homer, Book of Origins, New York, 2007). Er wurde erstmals im Jahre 1050
urkundlich erwähnt, als ein Mönch
im Kloster Tegernsee in
Bayern einen Dorftanz
mit Sprüngen und Handgesten beschrieb.
Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte
sich der Schuhplattler allmählich
weiter, als Bauern, Jäger und Holzknechte
den Tanz in den abgelegenen, kleinen Städten
und Dörfern der Bayerischen und
Tiroler Alpen pflegten un aufführten.
Am
Anfang des 19. Jahrhunderts ist der Schuhplattler zu einer Art
Brautwerbetanz
geworden. Junge Männer versuchten, die Frauen durch Zurschaustellen
ihrer Kraft und
Beweglichkeit zu beeindrucken. Die Tänze wurden oft nach Städte benannt,
in denen sie entstanden sind, oder nach verschiedenen Berufe der Tänzer, wie zum Beispiel das Mühlradl,
der Holzhacker oder der Glockenplattler.
Mädchen drehten sich in ihren farbenfreudigen
Dirndl, während die Jungen sprangen, stampften, sich ohrfeigten und dabei allerlei akrobatische Figuren aufführten.
Akrobatik waren ein wichtiger Teil des Tanzes zumindest von den 1820er Jahren,
als die Jungen begannen, auf den Schultern ihrer Partner zu sitzen und mit
den Füßen rhythmisch an die Decke zu stampfen!
Im Jahre 1838 wurde die Kaiserin von Russland von den Bewohnern von Wildbad
Kreuth mit einem Schuhplattler geehrt. Fasziniert von den
bunten Kostümen und kuriosen Bräuchen des gemeinen Volkes, begann auch die Adeligen, sich für den Tanz zu interessieren.
Manch einer hält das Jahr 1858 für die eigentliche Geburtsstunde des modernen Schuhplattlers, als der Tanz vor Maximilian II. König von
Bayern auf seiner Reise durch die Alpen aufgeführt wurde.

Im Jahr 1886 schrieb der französische Weltreisender und Fotograf Hugues über den bayerischen
Schuhplattler::
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An Sonn-
und Feiertagen sieht man auf den großen Plätzen überall Paare zur Musik tanzen.
Vorzugs- weise den Ländler, einen bei Mädchen und Jungen beliebten gemächlichen
Walzer. Die größte Attraktion jedoch ist sogar für die hiesigen Bauern immer
wieder der Schuplatter. Er ist eine höchst ausgefallene Gigue: Wenn ein Paar
damit beginnt, bilden andere einen Kreis. Während nun die Tänzerin kurzzeitig
von ihrem Partner getrennt wird und weiterhin Walzerschritten folgt, muss der
Tänzer zum Takt der Musik eine Reihe schwieriger Bewegungen ausführen. Er dreht
sich um die eigene Achse, klopft sich auf Schenkel und Beine, fällt auf die
Knie oder springt in die Luft und wirft seinen Hut, während er ein freudiges
"Tju-hu" ausstößt... Diejenigen, die den Tanz beherrschen, werden
dafür mir heftigem Applaus angefeuert (Spangenberg & Wiedenmann, Hrsg.: 1886. Bayern und die Schlösser
König Ludwigs II. aus der Sicht von Hugues Krafft).
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Im
späten 19. Jahrhundert wurden Trachtenvereine
in ganz Bayern und Tirol gegründet, und bald auch in den deutschen
Auswanderer-Gemeinden in Amerika und anderswo.
Weil der Zweck dieser
Vereine der Erhalt der
uralten Bräuche, Überlieferung und Kleidung der deutschen und
österreichischen
Alpen war, wurde der Schuhplattler ein zentraler Teil ihrer Programme.
Einige der älteren Clubs achteten peinlich genau darauf, wie der Tanz
durchgeführt werden musste, und wie die Vereinsmitglieder sich zu
kleiden hatten. Aber in der zweiten Hälfte
des 20. Jahrhunderts entstanden neue, weniger puristische Schuhplattlergruppen.
Bei
diesen wurden oft Kinder ermuntert, den Gruppen beizutreten, wobei
Mädchen sich entweder in ihren farbenfrohen Dirndl drehten oder
Lederhosen
anzogen und wie die Jungen plattelten.
Ähnliche Tänze mit Schlägen auf die Hände, Oberschenkel und Schuhsohlen haben sich in
Ungarn, Norwegen, der Ukraine und anderen Ländern entwickelt. Aber so wie die
Cowboy-Hut Amerika verkörpert und die Känguru Australien, so kommen einem die lebendige Musik und schwungvollen Tänze
der Schuhplattler schnell in den Sinn, wenn wir an die Bayerischen und Tiroler
Alpen denken.


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